Tag 11 – Wetterumschwung

Nachts war das Unwetter ausgeblieben. Es war herrlich ruhig – wie es sich eben für einen Friedhof so gehört. Um 6:20Uhr vernahmen wir einen Handy-Klingelton. Auf dem Hof stand Inge und begrüßte uns mit den Worten:“Guten Morgen! Ich lade euch zum Frühstück ein.“ Wir ließen alles außer unserer Wertsachen unter dem Freidhofsvordach stehen und stiegen in Inges Auto. Wir gingen davon aus, dass sich um diese Zeit noch niemand auf den Weg zum Friedhof machen würde. Inge fuhr mit uns in den Ortskern zu einem schönen Café und bestellte Frühstück für uns drei.

Das Frühstück war super lecker und wir führten dabei eine sehr angenehme Unterhaltung. Es ist schon witzig, wie mit manchen Leuten die Chemie sofort stimmt und mit anderen wird man nie warm.

Bevor wir nach dem Frühstück zum Friedhof zurückgebracht wurden, schenkte Inge uns noch zwei kleine Konservendosen mit Fisch und ein großes Glas Instantkaffee.

Beim Friedhof wartete bereits der Gemeinde-Arbeiter auf uns. Inge redete mit ihm. Was er sagte, konnte ich kaum verstehen, aber es ging wohl darum, dass er zuerst dachte, dieses komische Gebilde direkt vor der Kapellentür sei für die anstehende Beerdigung am Freitag.

Dann sah er aber das Tandem und zwei Waschbeutel in der Damentoilette und dachte, zwei Frauen seien da unterwegs. Er wartete im Hof, dass sich in dem Zelt etwas rührte, während wir aber gemütlich mit Inge im Café saßen.

Er ließ sich von Andreas den Turtle erklären und blieb so lange in unserer Nähe, bis es Zeit für seine „Jause“ war.

Gerade als wir mit dem Packen fertig waren, fing es an zu donnern, zu blitzen und zu regnen. Der Regen macht uns nicht viel aus, aber in ein Gewitter wollten wir nicht hineinfahren, zumal unsere Wetter-App eine akute Wetterwarnung der Stufe drei für Pernitz anzeigte. Andreas meinte, wir würden da genau hineinfahren. Nach kurzer Überlegung entschlossen wir uns, in das Café zurück zu fahren, in dem wir mit Inge zum Frühstück waren. Hier wäre das Warten deutlich angenehmer als auf dem Boden vor der Friedhofskapelle.

Inge hatte uns die Tageszeitung von heute mitgebracht und so hatten wir zusammen mit unseren Büchern genügend Lesestoff bis sich das Wetter ein wenig besserte.

Ein Zeitungsartikel zu den Unwettern in Österreich. Da hätten wir bisher ja riesiges Glück.

Als Andreas „grünes Licht“ gab, zogen wir unsere Regenklamotten an und fuhren los.

Es war dann aber gar nicht so schlimm. Der Regen wurde zuerst weniger und hörte dann ganz auf.

Um die Mittagszeit kam sogar die Sonne raus. Gerade rechtzeitig, damit wir die ersten 1.000 Kilometer dieser Reise mit Wasser und Orangenschnitzen feiern konnten.

In St. Aegyd war es Zeit für eine Kaffeepause. Schon von der Straße aus sah ich eine Steckdose an der Seitenwand der Festhalle, wo Andreas uns Kaffeewasser erhitzte. Ich bin inzwischen eine geübte „Steckdosen-Finderin“

Es war zum Fahren heute wesentlich angenehmer als die letzten beiden Tage. Es ist schön kühl, wir schwitzen nicht mehr ganz so schlimm und auf das Geschmiere mit der Sonnencreme konnte ich heute erstmals seit Beginn der Reise verzichten.

Am Nachmittag wurde es nochmal richtig anstrengend. Der Radweg hatte so steile Stücke drin, dass wir mehmals schieben mussten. Da hätten wahrscheinlich sogar E-bike-Fahrer geflucht.

Obwohl wir es heute Morgen nicht für möglich gehalten hätten, haben wir es am Abend doch noch bis Mariazell geschafft. Wir warfen sogar einen Blick in die Basilika.

Als Übernachtungsplatz hatten wir uns einen öffentlichen Parkplatz mit einem kleinen hölzernen Unterstand neben öffentlichen Toiletten ausgesucht. Der Nachteil war aber, dass der Parkplatz wohl ein Treffpunkt für die Dorfjugend ist und der Turtle nicht so richtig unter das Dach passte.

Während wir etwas ratlos davor standen und überlegten, doch den Regen in Kauf zu nehmen der heute Nacht kommen soll, fuhr ein VW-Bus auf den Parkplatz, ein Fenster wurde heruntergelassen und ein in etwa 50-jähriger Mann bot uns an, in einer leeren Wohnung seines Hauses zu übernachten. Er wohne direkt nebenan.

Also packten wir den Turtle und unsere restlichen Sachen wieder ein und schoben das Rad zu dem genannten Haus.

Der Eigentümer, Christian, zeigte uns ein Bett, das wir schnell bezogen, Handtücher, das Badezimmer und die Küche. Er meinte, falls wir uns morgen früh nicht sehen, sollten wir einfach die Tür zuschließen und den Schlüssel in den Briefkasten werfen. Unglaublich! So viel Glück an einem einzigen Tag!

Kilometer: 79

Höhenmeter: 1.270


Alle Beiträge im Überblick von "Alpen 2023"

5 Kommentare zu “Tag 11 – Wetterumschwung”

  1. Glückwunsch zum 1. Tausender!
    Deine Tagesberichte sind einfach immer wieder unterhaltsam und herzerfrischend – sie gehören zur liebgewordenen Abendlektüre vorm Zubettgehen. 🙂
    Und gleich die ersten Zeilen haben für gute Laune gesorgt – dank INGE. Frühstück in netter Gesellschaft – was will man mehr.
    Wir drücken die Daumen, dass ihr die Regensachen nicht so oft anziehen müsst und dass ihr nur ganz selten schieben müsst.
    Weiterhin viele schöne Erlebnisse bei eurem nächsten „Tausender“.

  2. Ach wie schön, so viele warmherzige Menschen! Da bekomme ich Gänsehaut!
    Freue mich sehr mit euch und drücke natürlich weiter die Daumen für eure große Tour.
    Liebe Grüße, Martina

  3. Ingeborg
    Ich bin froh, dass ihr das schlechte Wetter noch in der Bäckerei abgewartet habt! Auch den 1000er habt ihr geschafft! Sehe euch wohlauf und von lauter einfühlsamen Österreichern umgeben! Alles Liebe von mir!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert