Heute Morgen um 7 Uhr legten die Kirchenglocken erst richtig los und bimmelten minutenlang ununterbrochen. Allerdings störte es uns da nicht mehr, weil wir ohnehin um diese Zeit aufstehen wollten. Wir waren ja um 8 Uhr mit Marie-Elaine und Roger zum Frühstück verabredet.
Punkt 8 Uhr, wie es sich für Deutsche gehört, stellten wir das Tandem vor dem Haus Nummer 66 ab. Roger erwartete uns schon mit dem kleinen Jack Russel Nino, der zuerst bellte, sich dann aber wieder irgendwelchen Schuhen widmete, die es zu zerkauen galt.
Die Kommunikation mit Roger und Marie-Elaine während des Frühstücks funktionierte wunderbar auf Französisch, Englisch, ein paar Wörtern Deutsch, Zeichensprache und Aufzeichnen. Roger war früher Hbschraubermechaniker, ist aber inzwischen in Rente. Er zeigte uns das Modell eines Hubschraubers, den er auch selbst geflogen ist. Marie-Elaine war Lehrerin an einer landwirtschaftlichen Schule, ist aber inzwischen auch berentet. Eigentlich dachten sie, sie hätten dann jetzt viel Zeit. Dem sei aber nicht so, weil sie inzwischen fünf Enkel haben, wodurch ihr Terminplan schon fast wieder so voll ist wie während des Arbeitslebens.
Vor unserer Abfahrt drückte uns Marie-Elaine noch eine Plastiktüte in die Hand, in die sie vorher Äpfel, Tomaten, Birnen, Mirabellen und ein Stück Baguette für uns getan hatte.
Am Vormittag war die Temperatur noch einigermaßen erträglich. Aber ab der Mittagszeit war es einfach nur noch heiß und wir schwitzten ordentlich. Ich sehnte den Abend herbei, an dem ich die Radklamotten, in die ich ohnehin schon zwei Tage reingeschwitzt habe, endlich in die Schmutzwäschetüte stecken konnte. Morgen ziehen wir unseren letzten frischen Satz Radklamotten an. Das muss dann „halten“, bis wir zu Hause sind. Bis dahin wird nichts mehr gewaschen.
Als wir einen Dorfbrunnen erblickten, sprangen wir regelrecht vom Tandem, zogen Schuhe und Socken aus und stellten uns in das kalte Wasser. Wir kühlten unsere Arme, Beine, das Gesicht und den Nacken. Auch unsere Trinkflasche steckten wir für eine Weile in den Brunnen, damit das Wasser wieder ein bisschen kühler wurde.
Für die Mittagspause setzen wir uns in einem kleineren Ort neben einem Brunnen auf ein Bänkchen, da es an einer schattigen Hauswand stand. Als wir gerade am Essen waren, ging eine Tür schräg hinter mir auf und eine Frau kam heraus. Sie fragte uns, ob wir Wasser haben wollten. Bei dieser Hitze schlagen wir keinesfalls ein Angebot nach frischem Wasser aus. Die Frau verschwand mit unserer Wasserflasche im Haus, kam mit der gefühlten Flasche zurück und hielt mir außerdem noch einen Becher Eiswürfel hin. Wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass die Bank, auf der wir gerade saßen, ihre private Bank war und nicht wie wir angenommen hatten, eine öffentliche Sitzbank war. Die Frau erklärte uns aber, dass ganz viele Radfahrer auf dieser Bank Platz nehmen würden. Das läge wahrscheinlich daran, dass der Brunnen direkt daneben steht.
Die Frau ging irgendwann in ihr Haus zurück, kam aber kurze Zeit später wieder raus . Diesmal mit einem Schüsselchen Mirabellen als Dessert.
Bei einer Kaffeepause auf einem anderen Dorfplatz, kam auch plötzlich eine Frau auf uns zu. Sie zückte ihr Handy, um ein Foto zu suchen. Sie und ihr Mann würden nämlich auch Tandem fahren, aber eher Mountainbike. Sie fahren sogar bei Mountainbike-Rennen auf dem Tandem mit. Als Sie uns ein Foto eines solchen Rennens zeigte, waren wir schwer beeindruckt. Andersherum war die Frau von uns und unserem bepackten Reisetandem schwer beeindruckt. Sie schoss ein paar Fotos, um es ihrem Mann zu zeigen, der ein Fahrradgeschäft besitzt.
Das letzte Stück für heute fuhren wir übrigens an der Mosel entlang. Die hatte zumindest noch Wasser. Der Rhein-Marne-Kanal, an dem wir heute entlang fuhren, gab ein sehr trauriges Bild ab. Es wurde uns gesagt, dass keine Schiffe mehr fahren können. Nicht einmal die kleinen Freizeitboote.
Außerdem gäbe es momentan im Kanal ein heftiges Algenproblem. Das war uns auch aufgefallen, als wir heute am Kanal entlang radelten. Vom Wasser sah man eigentlich nicht mehr viel. Es war vielmehr ein grüner Teppich aus Algen
Als wir abends einen Übernachtungsplatz suchten, fuhren wir von der Mosel weg zu einem Dorf hinauf. Wir fragten eine Frau, wo denn das Rathaus sei. Sie erklärte uns den Weg, meinte aber, das Rathaus sei schon geschlossen und warum wir denn zum Bürgermeister wollten um diese Zeit. Wir erklärten ihr, dass wir nicht zum Bürgermeister wollen, sondern einen Platz suchen, wo wir unser Zelt für eine Nacht aufstellen können.
Sie gab uns den Tipp, zum Gemeindesaal zu fahren. Dort sei auch ein Fußballplatz und da könnte man das Zelt sicher aufstellen.
Bevor wir uns dorthin auf den Weg machten, gab uns die Frau noch Duschwasser und sagte uns, dass wir gerne bei ihr und ihrem Mann klingeln dürfen, falls es irgendwelche Probleme gibt.
Wir mussten allerdings noch einmal jemanden nach dem Weg zum Gemeindesaal fragen, bis wir dort ankamen. Auch dieser Mann meinte, der Saal sei geschlossen und was wir denn dort wollten. Auch ihm erklärte ich, dass wir neben dem Gebäude unser Zelt aufschlagen wollten. Er meinte, er hätte etwas Besseres für uns. Er fuhr mit seinem Auto voraus bis zu einer Schranke. Die schloss er uns auf, damit wir mit dem Tandem durchfahren konnten. Dann standen wir an einem kleinen See, der, wie sich herausstellte, diesem Mann gehörte.
Er meinte, wir dürften gerne unser Zelt hier aufschlagen. Falls jemand kommt und sagt, dass das hier verboten sei, sollen wir sage, dass Didier es erlaubt hat…
So haben wir für unsere letzte Übernachtung im Zelt noch einmal ein richtig schönes Plätzchen gefunden. Hier läuten auch keine Kirchenglocken. Wir hören ein paar Schafe blöken und ein paar Grillen zirpen. Ansonsten ist es bis jetzt schön ruhig.
Es sind eigentlich noch zwei Übernachtungen, bis wir wieder zu Hause sind. Aber für morgen Nacht haben wir uns ein Zimmer in einem „Bed and Breakfast“ gebucht. Dieses „Bed and Breakfast“ kennen wir schon von anderen, kürzeren Touren. Und weil es uns da so gut gefallen hat, haben wir uns dort zum Abschluss dieser Reise ein Zimmer gebucht. Das kommt außerdem noch sehr gelegen, weil sich heute Abend tatsächlich unser Duschsack endgültig „verabschiedet“ hat.
Jetzt ist er wirklich irreparabel kaputt. Zum Glück ist das nicht vorher passiert. Morgen Abend brauchen wir keinen Duschsack, sondern haben eine richtige Dusche. Jippiehhh!
Tageskilometer: 115
Habt ihr gewusst, dass es in Nancy im August ein mirabellenfest gibt? Mirabellen gibt es nicht nur in Fautenbach…als wir vor 3 Jahren la moselle abgeradelt haben, sind wir zufällig richtig zum Fest gekommen. Und natürlich hatte 1 kg mirabellen in der Lenkertasche Platz…