Marie musste ihre Tochter Beatrice heute morgen schon ziemlich früh zum Bahnhof bringen. Sie kam mit frischen Croissants zurück und machte uns einen Kaffee dazu. Während des Frühstücks erzählte sie uns, dass sie Juristin sei und einmal einen Studenten hatte, der mit dem Fahrrad eine Weltreise gemacht hat. Ihr Sohn sei auch Jurist und sie würde ihn heute in Straßburg besuchen. Mit dem TGV sei sie in weniger als zwei Stunden dort. Wir brauchen dafür noch vier Tage…
Nach dem Frühstück war also mal wieder der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Marie machte noch diverse Fotos von uns und wünschte uns alles Gute für die Weiterreise.
Der erste Teil der heutigen Strecke führte auch noch weiter durch die Champagne und bis zum Nachmittag größtenteils an der Marne bzw. dem Kanal entlang.
Am Kanal entlang lief es richtig gut. Wir hatten bis zur Mittagspause schon fast 80 km. Es zieht uns wohl jetzt definitiv nach Hause.
An der Marne und am Kanal entlang war es zum Glück von der Temperatur her angenehm. Schon alleine, dass man zum großen Teil im Schatten fahren konnte, war eine große Erleichterung, bei der ansonsten hohen Temperatur heute. Trotzdem waren wir froh, wenn sich uns eine Möglichkeit für eine kurze Abkühlung bot.
Gegen Abend mussten wir leider ein ziemlich langes Stück immer wieder die geplante Route verlassen, weil die nicht gut befahrbar war. Wir versuchten, Parallelstrecken zu finden, was aber nicht so leicht gelang. Das war auch ein Grund dafür, dass wir heute so lange gefahren sind. Durch das Zickzackfahren wurde die Reststrecke nämlich nicht weniger und wir wollten am Ende des heutigen Tages auf jeden Fall weniger als 300 km stehen haben.
Nach 149 Kilometern reichte es uns endgültig. Es musste ein Übernachtungsplatz her. In dem Ort, durch den wir gerade radelten als wir nicht mehr fahren wollten, sahen wir ein Festzelt vor der Kirche stehen. Auf der anderen Straßenseite saß eine alte Frau auf einem Bänkchen. Ich ging zu ihr rüber und fragte sie, wann das Fest denn stattfinden würde. Sie meinte, das wäre schon vorbei. Also denken wir, dass es niemanden stören wird wenn wir unser Zelt unter das Festzelt stellen und hier nächtigen. Falls morgen früh jemand zum Abbauen des Festzelts kommt, ist unser kleines Zelt ja auch schnell weg.
Der einzige Nachteil hier könnten die Kirchenglocken sein. In die hat leider nicht der Blitz eingeschlagen. Sie bimmeln alle 15 Minuten. Hoffentlich nicht auch nachts. Trotzdem – wir bleiben hier. Für heute fahren wir keinen Meter mehr.
Zum Waschen gingen wir an den Brunnen, der sich an der Außenmauer der Kirche befand. Dazu mussten wir warten, bis die alte Frau verschwunden war und es einigermaßen dunkel wurde. Zur Sicherheit schirmten wir uns noch gegenseitig mit einer Luftmatratze ab. Das Wasser war ziemlich kalt. Zum ersten Mal auf dieser Reise hatte ich kein warmes Duschwasser. Ich kam mir ziemlich tapfer vor, mich mit dem kalten Wasser zu säubern. Aber ich wollte auf keinen Fall verschwitzt in den Schlafsack liegen.
Als wir mit allem fertig waren und nur noch die Zähne putzen mussten, kam ein Ehepaar mit ihrem Hund an der Kirche vorbei. Sie sprachen uns an und ließen sich von unserer Reise erzählen. Sie bestätigten, dass die Kirchenglocken die komplette Nacht hindurch alle 15 Minuten bimmeln würden. Die beiden luden uns für morgen früh zum Frühstück ein. Sie erklärten uns, in welchem Haus sie wohnen und wie sie heißen, damit wir es morgen früh gut finden.
Und wieder einmal hat uns niemand verjagt, sondern stattdessen eingeladen!
Tageskilometer: 149
Liebe Radler. Was sollen die Tourfahrer sagen auch bei dieser Hitze. Im Norddeutschem “ Es gibt koa größer Laid, als was sich dä Mensch selbst an daiht“. Weiterhin gute Fahrt und schönes Wetter. Eure Kommentare Spitze. schi.bo