Als der Wecker um 7 Uhr klingelte, ging der erste Blick zum Fenster. Aha – das sah schon sehr viel freundlicher aus.

Nach dem Frühstück – das für deutsche Radfahrerverhältnisse nicht so üppig ausfiel wie erwartet – packten wir zusammen und fuhren weiter.

Was heute Morgen von unseren Klamotten noch nass war, sollte der Fahrtwind im Laufe des Tages trocknen.

Der erste Stopp war gleich im Tal, wo wir unsere Lebensmittelvorräte wieder auffüllten.

Zum Beispiel hatten wir keine Marmelade mehr. Andreas packt die löffelweise auf sein Brot, so dass wir einen hohen Marmeladenverbrauch haben. Von früheren Reisen haben wir allerdings gelernt, dass wir besser keine Marmeladengläser mehr mitnehmen, sondern die Marmelade in leichtere Gefäße umfüllen. Auf der Skandinavienreise hatten wir ernsthaft zwei Marmeladengläser und ein Honigglas dabei. Das ist auf dieser Reise absolut verboten!

Andreas nutzte den Stopp auch zum Wechseln der Bremsbeläge und wir kauften in einer schnuckelig kleinen Bäckerei Croissants für den 11 Uhr Kaffee.

Wir landeten auf dem Alpe-Adria-Radweg und rollten so einige Kilometer locker dahin. Einziger Nachteil: es gab viele Tunnel. Wenn es dunkel wird, hat Andreas Probleme mit dem Gleichgewicht. So mussten wir das Rad durch einen besonders dunklen Tunnel schieben – bergab. Aber: lieber schieben statt stürzen!

Auf unserem Weg nach Colmezzo kamen wir an eine Absperrung. Ein Rennradfahrer kam uns entgegen, schulterte sein 7-kg-Rad und stieg so einfach über die Steinblöcke hinweg. Er meinte, an dieser Stelle könnten wir einen Trampelpfad außen rum nehmen, aber auf der anderen Seite müssten wir zumindest den Hänger über die Steinblöcke heben, weil er zu breit für den Fußweg auf der Brücke wäre. Außerdem warnte er uns vor herabfallenden Steinen…

Also – was hat Inge aus Pernitz gesagt: Probleme sind zum Lösen da. Und so sah unsere Lösung aus:

In Colmezzo machten wir Mittagspause.

Es war eine schöne, entspannte Etappe. Gegen Abend fingen wir an, uns nach einem Übernachtungsplatz umzuschauen. Wir waren sehr gespannt, weil wir in Italien noch nicht auf einer Radreise waren und dementsprechend keine Ahnung hatten, wie entspannt die Menschen mit uns Vagabunden umgehen würden.

In einem Örtchen namens Ovaro fanden wir einen perfekten Platz zum Übernachten – nämlich bei einer riesigen offenen Halle mit einem Volleyballfeld drauf.

Wir stellten den Turtle auf der Seite unter ein Dach, so dass wir sehr geschützt stehen.

Für das Duschwasser sprach ich mit meinem Italienisch-Wortschatz, der aus ca. 5 Wörtern besteht, eine Familie an, die gerade mit ihrem Hund spazieren ging. Zum Glück sprach der Sohn Englisch was die Kommunikation extrem vereinfachte.

Sie gaben mir zu verstehen, zu ihrem Haus zu folgen, wo sie mir den Duschsack mit heißem Wasser füllten. Das war dann aber noch längst nicht alles: ich wurde mit Cocktailtomaten, Salatgurken, Grissini und zwei Flaschen Bier ausgestattet. Dann fuhr mich die Frau sogar mit dem Auto zum Volleyballfeld zurück, obwohl ich mehrfach beteuerte, zwei funktionierende Beine zu haben.

Bevor Sie wieder nach Hause fuhr, teilte sie mir mit einem Übersetzungsprogramm auf Ihrem Handy mit, dass wir die Klamotten bringen sollen, wenn wir geduscht haben und sie würde sie waschen. Als ich die gewaschene Wäsche wieder abholte, umarmte mich die Frau, wünschte uns ein tolles Abenteuer und sagte, sie beneide uns sehr.

Gleich am ersten Tag in Italien hatten wir so ein Riesenglück und diese extrem herzliche Begegnung. Die Regensachen haben wir heute auch nicht gebraucht. Wenn es jetzt auch noch eine ruhige Nacht gibt, ist es perfekt und wir können morgen die nächsten Berge in Angriff nehmen.

Tageskilometer: 67

Höhenmeter: 440