So, wir sitzen gerade in einem „Costa Coffee“ in Jerseys Hauptstadt. Hier gibt es ein kostenloses WLAN, so dass wir euch erzählen können, wie es mit uns weiterging.
Schon durch diverse Gespräche auf der Fähre wurde klar, dass es nicht ganz so einfach werden würde, einen Übernachtungsplatz zu finden. Ein anderer Radreisender, ein Schotte, erzählte, dass er alle Campingplätze der Insel angerufen hätte. Nur einer der Plätze hat ihn überhaupt zurückgerufen und der war voll. Ein Mann, der mit seiner Familie neben uns in der Reihe vor der Fähre stand, telefonierte auch für uns rum. Der einzigen Platz, den er telefonisch erreichte, wollte 42 Pfund (fast 50 Euro) pro Nacht (ohne Strom)!! Das war entschieden zu teuer dafür, dass man 6 Heringe in eine Wiese klopft und duschen darf. Wir würden es auf unsere Weise versuchen müssen. Aber dazu wurde uns gesagt, dass es wohl ziemlich strenge Regeln gibt, was man auf einem Grundstück darf oder nicht.
Als wir auf der Insel ankamen, fuhren wir also erst einmal aus der Stadt hinaus, um in eine ländlichere Gegend zu kommen.
Wir trafen zwei junge Männer, die uns folgenden Rat gaben: „Am besten ihr fragt nicht, sondern stellt euer Zelt einfach irgendwo hin. Wenn ihr fragt, werdet ihr wahrscheinlich eine Absage bekommen. Deshalb stellt euch einfach hin, ohne zu fragen. Aber wenn jemand kommt und sagt, dass ihr weggehen sollt, dann fragt nicht, diskutiert nicht, sondern packt euer Zeug und geht einfach.“
Es war klar, dass wir das auf keinen Fall so machen würden, aber ermutigend war das nicht gerade.
Wir strampelten einen elend steilen Hügel hinauf und kamen in ein kleines Wohngebiet, wo es auch das eine oder andere Feld gab. Wir klingelten an einem Haus und fragten, ob wir auf der Wiese nebenan in einer Ecke zelten dürften. Die Frau, die geöffnet hatte, erklärte uns, dass die Wiese einer Nachbarin gehörte, die aber vermutlich „nein“ sagen würde. Wir könnten es ja aber trotzdem versuchen.
Das taten wir dann auch, aber die Frau hatte recht gehabt. Die Nachbarin hatte ziemlich viele Vorbehalte und je länger die Erklärungen dauerten, desto sicherer waren wir, dass das nichts werden würde.
Die erste Frau, die wir gefragt hatten, winkte uns noch mal zurück und meinte, sie und ihr Mann würden etwas möglich machen. Sie wollte wissen, wie groß unser Zelt denn sei.
Wir durften unser Zelt in ihrem Garten aufstellen. Der Ehemann fragte uns, ob wir Hamburger und Würstchen mögen und fing an, den Grill zu betätigen. Dazu gab es Getränke und einen kleinen Salat.
Die Frau, Kerry, sagte, wir könnten am nächsten Abend auch zurückkommen, falls wir wieder nichts finden würden. Das zu wissen war schon mal eine Erleichterung für uns.
Ihr Mann John erzählte, dass er früher öfters in Berlin war und deshalb ein bisschen Deutsch sprechen könne. Aber weil in Berlin alle Leute Englisch sprächen, hätte er zu wenig Übung und sehr viel vergessen.
Andreas fragte ihn, was er denn beruflich in Berlin gemacht hätte und John erklärte, er war Pilot. Zuerst war er bei British Airways, aber weil man da mit 55 in Rente gehen muss, war er danach noch ein paar Jahre bei Easyjet und dementsprechend oft in Berlin.
Unser Zelt stand also hinter dem Haus eines EasyJet-Piloten, der uns gerade Würstchen gegrillt hatte.
Im Verlauf des Abends meinten Kerry und John, dass wir gerne auch noch die nächsten zwei Nächte bleiben dürften. So müssten wir nichts suchen, könnten die Insel ohne Gepäck erkunden und hätten sozusagen ein Basislager für die Zeit auf Jersey. Sie gingen mal davon aus, dass wir keine Massenmörder wären. Wir versicherten ihnen, dass das nicht der Fall sei und wir unsererseits froh wären, selbst nicht ermordet zu werden.
Wir durften übrigens auch ins Haus zum Duschen.
Heute Morgen machte uns John ein Frühstück. Es gab Porridge (Haferbrei) mit Früchten und Nüssen und vorher einen Kaffee.
Anschließend ging Kerry mit den Hunden spazieren und wir durften mit.
Als wir vom Spaziergang zurück waren, machten wir uns mit dem Fahrrad auf den Weg.
Jetzt noch zu euren Erkundigungen und Kommentaren:
Vielen Dank, es geht mir wieder gut. Gestern Abend war mir noch etwas schwindelig, aber heute morgen war es wieder weg. Ich bin sehr froh darum. Es nervt schon sehr, wenn sich alles dreht, obwohl man einfach nur ruhig daliegt.
Zum Mont St. Michel: Wir glauben euch gerne, dass der Berg sehenswert ist. Aber es ist schon alleine eine Herausforderung, durch eine belebte Fußgängerzone mit dem Tandem zu gehen – ganz zu schweigen mit einem voll beladenen Tandem mit Hänger. Das macht in kleinen schmalen Gässchen mit hunderten von Leuten überhaupt keinen Spaß. Und wir sind ja schließlich zum Spaß unterwegs! 😉
Menschenmassen mögen wir ohnehin nicht und der Mont St. Michel ist ähnlich gut besucht wie die Mona Lisa. Auch die werden wir uns nicht anschauen.