Tag 9 – 40 km vor dem Ärmelkanal

Rathäuser – eigentlich sind diese Gebäude Sitz des Bürgermeisters und der Gemeindeverwaltung.

Für uns bot ein Rathaus heute Vormittag die Möglichkeit, die Morgentoilette zu verrichten, Wasser nachzutanken, schmutziges Picknickgeschirr zu waschen und heißes Wasser in unsere Thermoskanne zu bekommen (Für das heiße Wasser ging eine Angestellte extra ein Stockwerk höher in die Teeküche, um Wasser heiß zu machen).

Wir waren überrascht, dass im Rathaus am Samstag überhaupt jemand arbeitete. Die Angestellten erklärten uns, dass sie am Samstag ganz normal arbeiten, dafür aber am Montag frei hätten.

Heute morgen dauerte es etwas, bis wir uns richtig auf die Strecke begaben. Das lag schon einmal daran, dass uns der Mann, in dessen Garten wir übernachtet hatten, Kaffee, Marmeladentoast und Joghurt anbot und wir uns erst einmal eine Weile unterhielten. Ich verstand von dem was er sagte leider nur ein Drittel. Aber das französische Wort für Kettensäge, verstanden wir beide sofort und wir horchten auf. Andreas kennt ungefähr fünf französische Wörter, aber das Wort für Kettensäge hat sich seit einer unserer verrückten Aktion in der Auvergne fest in unser Hirn eingebrannt!

Jedenfalls erklärte der Mann, dass er schon lange nicht mehr berufstätig ist, weil er sich im Alter von 20 Jahren mit einer Motorsäge in den Hals geschnitten hat. Von dem Rest was er sonst noch erzählte, verstand ich dann erst recht nichts mehr.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, fuhren wir zuerst noch zu einem Lebensmittelladen, um Proviant für den Tag zu besorgen. Anschließend folgten die „Erledigungen“ im Rathaus (siehe oben).

So war es fast schon Mittag, bis wir richtig losfuhren. Der frühe Nachmittag verlief eher unspektakulär. Wir rollten dahin und jeder hing seinen Gedanken nach. Wir wollten vor dem nächsten Stopp erst einmal Strecke machen. Dieser kam dann am frühen Nachmittag vor einem kleinen Gemeindehaus in einem verschlafenen Nest. Während wir vor dem Gebäude saßen, fuhr ein Auto vor und ein Mann mittleren Alters stieg aus. Ich erkundigte mich, ob er einen Schlüssel für das Gebäude hätte, was er bejahte. Daraufhin fragte ich ihn, ob wir unsere Wasserflaschen an einem Wasserhahn füllen dürften. Er meinte: “ Aber klar – folgt mir!“ Plötzlich hielt er inne, drehte sich zu uns um und fragte, ob wir ein kühles Bier haben wollten. Ich übersetze, Andreas nickte und ich meinte, mir wäre etwas Anti-alkoholisches lieber. Der Gemeindesaal war geschmückt und die Tische festlich eingedeckt. Der Mann, Olivier, erklärte uns, dass er in ein paar Stunden zum zweiten Mal heiraten und danach in der Gemeindehalle das Fest stattfinden würde. Deshalb waren gerade die gekühlten Getränke vor Ort. Der DJ, der für die Musik am Abend sorgen würde, war auch da und gemeinsam stießen wir auf Olivier und seine zukünftige Frau an.

Ganz trechts der Bräutigam

Er bat uns auch, uns in das Hochzeitsgästebuch einzutragen. Wir durften somit den allerersten Eintrag vornehmen und fühlten uns schon etwas geehrt.

Eintrag im Hochzeits-Gästebuch: ich versuche, ein Tandem zu zeichnen…

Als wir später wieder auf dem Tandem saßen, schüttelte ich noch mehrmals ungläubig den Kopf. Das war wieder ein Beispiel für ein Erlebnis, das man sehr wahrscheinlich nicht gehabt hätte, wenn man z.B. mit einem Auto unterwegs wäre.

Wir kamen dann noch gut voran und fanden am Abend einen Übernachtungsplatz bei einem weiteren Rathaus in einem kleinen Dorf. Es wird zwar morgen früh eine Weile dauern, bis wir einen Supermarkt finden werden (hier gibt es NICHTS…) , aber zum Glück haben viele Läden in Frankreich sonntagmorgens geöffnet.

Wir können das Zelt sogar unter ein Dach stellen und es gibt Toiletten. Also perfekt! Das warme Duschwasser bekamen wir beim Haus gegenüber des Rathauses.

Es ist am Samstagabend am Rathaus natürlich niemand mehr da, den wir um Erlaubnis fragen könnten, ob wir heute Nacht hier bleiben dürfen. Aber das Rathaus ist am Sonntag ja mit Sicherheit nicht besetzt und so wird unsere Anwesenheit auch niemanden stören.

Tageskilometer: 92


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2 Kommentare zu “Tag 9 – 40 km vor dem Ärmelkanal”

  1. Guten Morgen,es ist immer schön wenn man nette Leute trifft,und noch schöner ist es im Ausland. Viel Spaß und gute Fahrt weiterhin.

  2. Wusste gar nicht, dass ihr unterwegs seid….steige sozusagen heute ein und werde euch folgen. Andreas, bei dir ist es so, dass du von einer Hochzeit zur anderen radelst…

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