Nach dem Frühstück holten wir unser Tandem aus dem Gepäckraum des Hotels und beluden es. Der Portier und die Mitarbeitenden der Rezeption staunten nicht schlecht, was da alles an dem Fahrrad befestigt wurde und dass es hinterher sogar noch fahrbar sein sollte.
Unsere Klamotten, die wir gestern in der Badewanne gewaschen haben, waren fast alle wieder trocken. Was noch nicht ganz trocken war, musste während der Fahrt „nachgetrocknet“ werden.
Wir waren nicht böse, dem „hustle and bustle“ der Großstadt wieder zu entfliehen. Wir sind nun mal Landmenschen (us Wooserschd).
Es ist zwar interessant, mal in eine Großstadt einzutauchen, aber wir freuen uns genauso, wenn wir sie wieder verlassen dürfen.
Besonders wenn man mit dem Fahrrad durch so eine Stadt fährt und nicht nur die Sehenswürdigkeiten ansteuert, um dort ein Foto zu machen und zur nächsten Sehenswürdigkeit weiterzuziehen, sieht man eben auch die Schattenseite einer solchen Stadt. So hatten wir gestern noch ein weniger schönes Erlebnis in einem Park: wir entdeckten einen Mann, der sehr unnatürlich über einer Parkbank hing und wir sogar zuerst dachten, er sei tot. Dann sahen wir, dass er zwar noch atmete, aber er war nicht ansprechbar und reagierte nicht auf mein mehrmaliges Rütteln an der Schulter. Eine Frau kam dazu und rief den Rettungswagen. Als die Sanitäter da waren und sich um den Mann kümmerten, fuhren Andreas und ich weiter. Der Mann stand scheinbar unter Drogen. Erschütternder fand ich allerdings, dass in dem Park andere Leute waren, denen er viel früher schon aufgefallen war, die aber erst näher kamen, als der Rettungsdienst schon da war. Getan haben sie nichts.
Jedenfalls freuten wir uns sehr, als wir wieder mehr Grün um uns herum hatten.
Es war richtig schönes Radelwetter – nicht zu kalt und nicht zu heiß.
Es lief so gut, dass wir sogar schon heute bis nach Lille kamen.
Aber danach reichte es für heute und es war Zeit, einen Übernachtungsplatz zu suchen. Wir fragten an einem Haus ca. 10 km außerhalb von Lille, ob wir unter dem Apfelbaum auf ihrem Grundstück zelten dürften. Sie erlaubten es, zeigten uns dann aber einen noch besseren Platz im Garten hinter dem Haus.
Die Tochter der Familie, Elise, brachte uns sogar noch etwas zu trinken und wir durften die Dusche benutzen.
Ihre Mutter erklärte, dass sie morgen früh zwar zur Arbeit müsse, aber ihr Mann würde uns einen Kaffee machen, bevor wir losfahren. Wir zeigten der Familie auf der Landkarte, von wo wir kommen, wie wir bisher gefahren sind und wohin unsere Reise noch geht. Danach zogen wir uns in unser Zelt zurück. Es war schließlich eine lange Etappe heute.
Tageskilometer: 129
Schön, dass Ihr bis Lille gekommen seid. Ich hatte mir das gestern schon so überlegt, als ich mir in Google-Earth die Entfernung Brüssel-Lille anzeigen ließ. Lille ist ne schöne Stadt, viel Spaß beim Besichtigen.
Gruß
Reinhold