Wir wurden schon recht früh wach. Im Turtle ist es einfach viel bequemer als auf dem Betonboden. Die Luftmatratzen helfen nur bedingt, den Komfort zu erhöhen. Außerdem war es sehr warm, auch wenn das Garagentor offen stand. Jedenfalls standen wir um 7:30 Uhr abfahrtbereit da. Lucs Eltern kamen die Treppe runter und luden uns zum Frühstück ein. Es gab zum Kaffee Toast mit selbstgemachter Orangenmarmelade (sie haben einen Orangenbaum im Garten) und selbstgemachten Joghurt. Seeeeehr lecker. Lucs Vater gab uns sogar noch ein Glas Marmelade mit.
Nach dem Abschied mussten wir erst einmal zurück an die „Promenade des Anglais“, um von dort aus auf unsere Route zu kommen. Lebensmittel sollten auch noch eingekauft werden, weil das heute Nachmittag schwierig werden würde. Schließlich ist Sonntag. Wir steuerten eine kleine Bäckerei an. Die mutmaßliche Besitzerin der Bäckerei sah unser Tandem, sprach aufgeregt mit einer älteren Frau und einem Kind und fragte dann mich, ob wir vor etwas mehr als einer Woche über den Col de l’Iseron gefahren sind. Sie hat uns gesehen und „Bravo“ aus dem Auto gerufen. Das ist doch unglaublich!! Nizza hat unzählige Bäckereien und wir landen heute Morgen genau in dieser Bäckerei! Die Frau holte gleich noch ihren Mann aus der Backstube heraus und es mussten Fotos gemacht werden…
In einem der schicken Hotels an der „Promenade des Anglais“ fragte ich, ob ich die Toilette benutzen dürfte. Die Antwort war :“Selbstverständlich!“ Als das erledigt war verließen wir die Stadt auch schon wieder.
Leider kamen wir nicht weit, bis es anfing zu regnen. Als der Regen zu stark wurde, setzten wir uns in einen Waschsalon. Vorher holten wir uns gegenüber einen Kaffee. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Wäsche von gestern zu waschen, aber bis sie gewaschen und getrocknet wäre, würde zu viel Zeit vergehen. Das Trocknen am Rad wird heute auch schwierig. Die Sonne wird sich wohl nicht blicken lassen.
Von Nizza aus ging es nur noch etwa 10 Kilometer am Meer entlang. Dann bogen wir schon wieder in Richtung der Berge ab. Wir fuhren über Vence nach Tourettes-sur-Loup. Das ist ein wunderschönes kleines Städtchen mit winzigen Gässchen. Und es sieht aus, als ob die Häuser zusammengeklebt auf einen Stein gesetzt wurden, damit sie nicht vom Felsen stürzen.
Auf unserem Weg fanden wir heute jede Menge Feigen. Leider lagen viele zermatscht auf der Straße. Immerhin konnten wir uns trotzdem von den reifen Früchten, die noch am Baum hingen, den Bauch vollschlagen.
Das von Andreas verhängte „Sammelverbot“ für Dinge, die man nicht essen kann, wurde heute etwas aufgeweicht. Als wir wieder an einem Haufen Gerümpel vorbeifuhren, entdeckte ich ein altes Sieb. Das darf mit nach Hause. Erstens ist es wirklich leicht und zweitens haben wir beinahe drei Viertel der Höhenmeter auf dieser Reise schon bewältigt.
Am Nachmittag kamen wir nach Grasse. Uns war allerdings weniger nach Parfum-Duft, sondern vielmehr nach Kaffeeduft.
Es schob sich ohnehin gerade eine riesige schwarze Wolke über die Stadt. Also suchten wir Zuflucht im „EC-Hotel“ und machten ein Kaffeepäuschen.
Auch wenn das Wetter nicht so toll ist, kann man nicht meckern. Mir fiel auf, dass ich heute zum ersten Mal die Regen-Überschuhe über meine neuen Fahrradschuhe zog. Und die Schuhe habe ich ja kurz vor Prad am Stilfserjoch gekauft. Mindestens so lange hat es nicht geregnet…
Als der Regen in Grasse aufhörte, fuhren wir weiter. Wir hatten uns schon einen Ort ausgesucht, bei dem wir die heutige Etappe beenden wollten. Wir kamen aber nicht so weit. Es tauchte nämlich auf einmal Nebel auf und über den Berg schob sich etwas, das aussah wie eine dunkle Welle. Ein Blick auf das Navi zeigte, dass kurz vor uns ein kleiner Ort sein musste und wir versuchten, schleunigst dorthin zu kommen, bevor die dunkle Welle das Wasser, das sie mit sich führte, über uns ergoss. Am Weg war eine Kirche, ich wollte die Tür öffnen, aber sie war verschlossen. Bei den Sportplätzen war nirgends ein schützendes Dach. Aber beim Rathaus von Cabris wurden wir fündig.
Der Platz war so super, dass wir beschlossen, für die Nacht hier zu bleiben.
Einige Jugendliche trafen sich auch unter dem Dach der Mairie. Sie interessierten sich für das Tandem, aber noch viel mehr für den Turtle. Den fanden sie mega cool.
Ein Rentner kam und fragte, ob wir etwas brauchen. Wir baten ihn um heißes Wasser für die Dusche. Er fragte, ob wir Licht, Matratzen, Decken bräuchten. Ich verneinte und teilte ihm mit, dass wir tatsächlich nur das Duschwasser brauchen.
Didier – so heißt der Mann – erzählte uns, dass er mal Koch, Fallschirmspringer, Feuerwehrmann, Busfahrer und noch viel mehr war.
Er erschien mit einem Obstsalat, einem Baguette und einem Topf voll heißem Wasser. Er erklärte uns, dass das sein Couscous-Topf sei.
Wir füllten das Wasser in den Duschsack um und bauten uns wieder mal eine sehr abenteuerliche Dusch-Konstruktion. Darüber haben wir echt selbst den Kopf geschüttelt – und das will etwas heißen.
Tageskilometer: 57
Höhenmeter: 820
Weiterhin viel unfallfrei Kilometer auf euerer Heimfahrt. Bericht von euch ist immer sehr spannend. Vielleicht ja eine Zusammenfassung nächstes Jahr beim Tandemtreffen?
Auch wir sind wieder auf Tour, leider dieses Jahr nicht in den Alpen sondern erst einmal an Sieg und dann an der Eder.