Nach dem Frühstück konnten wir direkt auf einen Bahntrassen-Radweg fahren. Er war nicht asphaltiert, was Anderes ja nicht so mag, weil es dann schlechter läuft. Wir haben auf der Reise auch noch nie so viele andere Radreisende getroffen wie heute auf diesem Radweg.
Gegen Mittag begegneten wir einem Mann mit seiner Mutter und seinem kleinen Sohn, als wir in einem Ort anhielten und schauten, wo man denn hier einen Kaffee trinken könnte. Die beiden sagten, sie wohnen ganz in der Nähe und wir könnten doch einfach mit zu ihnen kommen und dort einen Kaffee trinken. Wir freuten uns über die Einladung und gingen mit.
Es gab aber nicht nur Kaffee, sondern zuerst einmal einen Aperitif, dann eine Gemüsepastete mit Brot, einen gemischten Salat und anschließend Ananas, kandierten Ingwer und Schokolade.
Der Mann, ein Psychiater, erzählte uns, dass seine Eltern und vor allen Dingen auch die Großeltern früher Tandem gefahren sind. Die Großmutter wurde 103 Jahre alt, der Großvater 95 Jahre alt und das sei auf das viele Radfahren zurückzuführen.
Wenn das stimmt, dann müssten wir eigentlich irgendwann im Guinness-Buch der Rekorde landen.
Wir bekamen zum Abschied sogar noch eine Flasche Calvados geschenkt. Die werden wir jetzt auch noch die nächsten knappen 800 km transportieren.
Am frühen Nachmittag begann es zu regnen. Zwar nicht besonders stark, aber eben immer wieder.
Der Radweg wurde dadurch noch etwas schwerer befahrbar und vor allen Dingen sammelten wir jede Menge Dreck ein. Das Tandem und den Hänger so zu sehen – da blutete vor allem Andreas das Herz.
Es tat auch auf einmal einen Schlag, weil Andreas einen Stein auf dem Radweg übersehen hat, der Hänger mit einem Rad darüber fuhr und umkippte.
Weil wir heute den ganzen Tag auf dem Fernradweg unterwegs waren, der ja eine alte Bahntrasse ist, sahen wir von der Landschaft abseits des Weges eigentlich gar nichts. Wir haben deshalb nichts dagegen, wenn wir diesen wieder verlassen. Er wird morgen sowieso ziemlich schlammig sein, so dass wir versuchen werden, eine alternative Route zu finden, die uns eher über kleine Landstraßen führt.
Wir haben es heute tatsächlich fast wieder geschafft, im „Lauch“ zu landen. Weil wir eine derartige Aktion aber noch sehr lebhaft von der letztjährigen Skandinavienteise in Erinnerung haben, drehten wir um und suchten eine Umleitung. Auf keinen Fall wollten wir etwas Ähnliches noch einmal erleben. Auf dem engen Trail umzudrehen ging nur, indem wir den Hänger abkoppelten. Ich zog den Hänger und Andreas schob das Tandem, bis wir wieder auf einem fahrbaren Weg waren.
Es sollte heute möglichst nicht zu spät werden, bis wir einen Übernachtungsplatz finden. Es dauerte dann aber doch ziemlich lange, weil wir unbedingt unter ein Dach wollten. Wir fanden dann aber ein schönes Plätzchen neben einem kleinen Rathaus.
Zuerst fuhren wir aber noch zum Friedhof, um ein paar Gießkannen Wasser zu füllen und Tandem und Hänger vom schlimmsten Matsch zu befreien.
Wir sind an unserem Übernachtungsplatz ziemlich ungestört, es scheint insgesamt ruhig zu sein, es ist trocken und wir haben heißes Duschwasser von der Nachbarin bekommen.
Unser Duschsack gibt leider langsam den Geist auf. Er ist an mehreren Stellen eingerissen. Hoffentlich hält er noch durch, bis wir zu Hause sind.
Nachdem wir frisch geduscht und umgezogen waren, aßen wir zu Abend, indem wir den Hänger als Stehtisch benutzten.
Ich habe heute Abend tatsächlich das erste Mal meinen Anorak an. Er war ganz unten in der Tasche, weil ich ihn bisher absolut nicht gebraucht habe.
Auch werde ich mich heute mit dem Schlafsack nicht nur zudecken, sondern richtig reinliegen und den Reißverschluss bis ganz oben zumachen…
Tageskilometer: 100