Unser Übernachtungsplätzchen von gestern Abend hatte einen kleinen Nachteil – es gab viele viele Ameisen. Ich gab das zu bedenken – gerade im Hinblick auf unsere Lebensmitteltasche. Andreas meinte aber, das sei doch kein Problem. Die Ameisen würden wieder rauskrabbeln. Von wegen! Die haben ihre Kumpels geholt! Beim Frühstück mussten wir also die komplette Tasche entleeren und ausschütteln, damit wir die blinden Passagiere wieder los wurden.
Sehen wir ein Umleitungsschild oder „Durchfahrt verboten“ – Schild, dann ignorieren wir das zuerst einmal. Mit dem Fahrrad kommt man nämlich meistens doch irgendwie durch. Nicht in diesem Fall. Die Brücke über den Kanal war weggedreht und somit auch nicht für Fahrradfahrer oder Fußgänger passierbar. Wir fuhren also eine kleine Extra-Schleife von 6 km, was aber nicht weiter schlimm war, denn wir haben ja keine Termine…
Andreas hatte gestern Abend mit Eric im Supermarkt eine Wassermelone gekauft und sie noch zerlegt. So konnten wir heute immer mal wieder ein paar erfrischende Stückchen Melone essen. Das war bei der Temperatur genau das Richtige.
Mehrere Einheimische haben uns inzwischen übrigens gesagt, dies sei ein außergewöhnlicher Sommer. Sie hätten in der Normandie normalerweise nie über 30 Grad Celsius.
Bei fast jeder vergangenen Radreise haben wir es irgendwann geschafft, ohne Wasser dazustehen und übel durstig zu sein, bis wir wieder Wasser organisieren konnten. Aber ich stelle eine gewisse Lernfähigkeit fest: bei dieser Reise haben wir es (bis jetzt) immer rechtzeitig geschafft, Wasser „nachzutanken“.
Ab dem frühen Nachmittag wurde es geschichtsträchtig und wir nahmen uns ausreichend Zeit für diese Gedenkstätten. Zuerst besuchten wir einen Soldatenfriedhof. Es war sehr ergreifend, die Inschriften auf den Grabsteinen zu lesen. Die meisten der Soldaten waren gerade mal zwischen 18 und 24 Jahre alt und einige hatten Frau und Kind.
Wir befuhren eine kleine Brücke die ebenfalls am 6. Juni 1944 befreit wurde.
Und dann standen wir an einem Strand, der am 6. Juni 1944 traurige Berühmtheit erlangte: Omaha Beach.
Eine Gruppe amerikanischer Touristen stand im Halbkreis vor dem Denkmal. Jede Person hatte eine Rose in der Hand und ein Mann spielte auf seiner Trompete die amerikanische Nationalhymne. Das, für was dieses Denkmal steht, ist schon so lange her. Aber trotzdem ist es irgendwie gerade wieder erschreckend aktuell.
Wir sahen auch noch jede Menge verschiedene Kriegsgeräte, sowie eine der Landungsbrücken.
Dann fuhren wir weiter und zwar auf einem wunderschönen Fahrradweg, der direkt oben auf den Klippen entlang führte und bezeichnenderweise „Voie de la liberté“ heißt. Auf dem Radweg war gar nicht viel los und wir genossen die super schöne Aussicht aufs Meer.
Dann verließen wir das Meer auch schon wieder. Erstens haben wir unsere Route so ausgewählt und zweitens ist es viel einfacher ein Übernachtungsplätzchen zu finden, wenn man nicht in der Nähe des Meeres ist. In einem kleinen Ort (La Cambe) fanden wir bei der Schule ein Dach, unter dass wir heute Nacht unser Zelt stellen.
Den Duschsack füllten wir am Wasserhahn beim Friedhof und ich hoffe, dass das Wasser noch einigermaßen warm wird…
Tageskilometer: 108
Hallo ihr zwei, noch eine schöne Reise und viel tolle Eindrücke und Begegnungen
Reiner und Marion