Echte Straßen haben Aussicht – Fahrt über das Stilfser Joch

Nach dem Frühstück gut gestärkt, holten wir Wolf morgens kurz vor 9 Uhr beim Campingplatz „Sägemühle“ ab. Und direkt beim Ortausgang geht es los mit der Steigung zum „Stelvio“, Stilfser Joch. Wir würden also 26 Kilometer nur aufwärts fahren.

Das Wetter war aber traumhaft. Es gab nur ganz wenige weiße Wölkchen am Himmel. Ansonsten war er strahlend blau. An einem Montag zum Stilfser Joch zu fahren, stellte sich als eine hervorragende Idee heraus. Der motorisierte Verkehr hielt sich sehr in Grenzen und wir wurden auch nur selten knapp überholt.

Wir schraubten uns Stunde um Stunde den Berg hoch. Es gibt 48 Kehren bis zur Passhöhe. Für mich also jede Kehre für ein Lebensjahr!

Als wir irgendwann Hunger bekamen, hielten wir an und machten eine kleine Pause. Es gab Äpfel, Bananen, getrocknete Aprikosen, Walnusskerne und Joghurt.

Wenn man die Franzenshöhe erreicht hat, sieht man die Zickzack-Strecke mit den letzten 24 Kehren vor sich. Ab diesem Punkt hat man allerdings schon zwei Drittel der Höhenmeter geschafft.

Bei einer weiteren Pause setzte ich mich auf einen kleinen Erdhügel am Straßenrand, um hinunter ins Tal zu schauen. Ich hörte ein Rascheln vor mir und entdeckte ein Murmeltier, das keine 2 Meter von mir entfernt an den Grashalmen herumknabberte! So nah hatte ich noch nie ein Murmeltier in freier Wildbahn gesehen und das possierliche Tierchen machte keine Anstalten, in einem Erdloch zu verschwinden, sondern knabberte munter weiter, während ich etliche Fotos machen konnte.

Nicht ganz so einfach war es, zwei andere Tiere im Nationalpark Stilfser Joch zu fotografieren. Wir standen gerade auf fast 2.700 m.ü.N mit einigen anderen Radfahrern zusammen, als zwei Bartgeier über uns hinwegschwebten.

Es war fantastisch und wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Beim zweiten Mal, als einer der riesigen Vögel über uns hinweg flog, konnte man gut den weißen Kragen und den rautenförmigen Schwanz erkennen.

Um 14 Uhr kamen wir oben an. Wir hatten zum Glück warme Kleidung in unseren Packtaschen und ich mummelte mich ordentlich ein, nachdem ich von anderen Radlern gesagt bekam, dass die ersten paar Kilometer der Abfahrt verdammt kalt werden würden.

Die Abfahrt war genial und wie fast immer, konnte ich es kaum fassen, dass wir das alles auf der anderen Seite vorher hochgestrampelt waren.

Auch heute stellten wir wieder einmal fest, dass wir absolute Glückspilze sind! Auf dem Rückweg, 4 Kilometer vor Prad, hörten wir ein lautes Knacken. Zuerst glaubten wir, ein Steinchen hätte sich in der Kette verfangen. Es knackte nochmal, wir hielten an und schauten nach: an der Kette hatte sich eine Niete gelöst und sie war halb offen! Andreas drückte es provisorisch wieder zusammen und wir fuhren ganz vorsichtig bis Prad, wo wir in einem Radgeschäft ein Kettenschloss kaufen konnten. Wir hatten riesiges Glück, dass die Kette nicht bei der stundenlangen Auffahrt oder noch schlimmer- bei der rasanten Abfahrt – aufgegangen war…

Kilometer: 67

Höhenmeter: 1833


Alle Beiträge im Überblick von "Radurlaub"

2 Kommentare zu “Echte Straßen haben Aussicht – Fahrt über das Stilfser Joch”

  1. Mal eben das Stilfserjoch mit fast 2000hm und immer mit vielen Steigungsprozenten hochradeln – Chapeau!
    Meine zwei Bergankünfte am Stelvio waren im Nebel oder bei Schneeregen 😖 … vor 40J. mit „Moped“.
    Weiterhin lockeres Radeln in Südtirol 💁🏻 – und schont die Kette.😉
    Viele liebe Grüße aus dem Flachland

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert