Um 5:30 Uhr wurden wir von der Stallbesitzerin geweckt. Sie brachte unsere Kleidung, die, bis auf die Socken, wieder trocken war. So hatten wir auch genug Zeit, alles einzupacken, damit sie um 7 Uhr den Stall zuschließen konnte, bevor sie zur Arbeit ging. Sie wollte aber erst noch ein Foto von uns haben, weil sie uns so „cool“ fand.
Morgens schüttete es zuerst immer wieder heftig. Die meiste Zeit davon saßen wir aber im Supermarkt-Bistro beim Frühstück und als wir richtig starteten, wurde der Regen zuerst immer weniger, hörte dann auf und bis zur Mittagspause hatten wir schon 60 Kilometer hinter uns und strahlenden Sonnenschein.
Ein sehr schönes Erlebnis hatten wir, als wir eine große Schar Kraniche sahen (Bild oben die grauen Punkte auf der Wiese), diese plötzlich abhoben und in Formation wegflogen. Das war wirklich sehr beeindruckend, zumal wir vorher noch nie so viele Kraniche auf einmal gesehen haben. Es mussten bestimmt hundert Tiere gewesen sein.
Ein Hermelin rannte auch über die Straße. Von den Elchen fehlt weiterhin jede Spur.
Nachmittags kamen wir an Schwedens größten See, den Vänern-See. Er ist mit ca. 5.500 Quadratkilometern Fläche außerdem der größte See der EU.
Weil es heute Nachmittag und Abend so schönes Wetter war, beschlossen wir, unser Zelt hinter einer Kirche an einem See aufzustellen.
Es war eine sehr schöne Abendstimmung an dem See. Weil wir aber noch Wasser für den Duschsack brauchten, machten wir uns auf den Weg zu den Häusern in der Nähe. Wir fanden einen Mann, der gerade auf seiner Veranda war und fragten ihn, ob er uns warmes Wasser geben könnte. Ich gab ihm den Duschsack, er fing an ihn zu befüllen, leerte aber das was er bereits eingefüllt hatte wieder aus und sagte:“Ihr wollt duschen? Kommt rein und duscht hier.“
Der Mann heißt Ibrahim, ist Syrer und kam 2016 als Geflüchteter in die EU. Eigentlich war er Apotheker, aber er muss hier in Schweden nun eine Art Anerkennungs-Studium absolvieren. Ibrahim ließ es sich nicht nehmen, uns etwas zu essen zu machen und unsere Wäsche in die Waschmaschine und die Trockenmaschine zu tun.
Zwischendurch klingelte sein Handy, um ihn ans Gebet zu erinnern. Er erklärte uns, dass er als Moslem fünfmal täglich beten sollte. Vorher wusch er sich Hände, Arme und Gesicht, zog ein Hemd an und dann betete er. Andreas und ich saßen so lange auf der Couch und sahen zu. Noch nie zuvor hatten wir einem Moslem beim Gebet zugeschaut.
Wir saßen anschließend noch bis um halb 11 Uhr abends zusammen und redeten über alles Mögliche. Es war super. Als wir uns schließlich verabschiedeten, lud uns Ibrahim für den nächsten Morgen zum Kaffee ein. Der heutige Tag entschädigte absolut für das was gestern passiert ist.
Tageskilometer: 139
Höhenmeter: 900